Ein Interview mit Ruby Do von der Tanzschule SWING TIME
Die Tanzpädagogin Ruby Do zog vor gut zwei Jahren in mit ihrer Tanzschule SWING TIME in ein Ladengeschäft in die Dehnhaide. Damit hat sie sich einen Wunsch erfüllt, war er doch genau das was sie suchte. Barmbek liegt ihr sowieso am Herzen, denn sie ist dort schon länger Zuhause.
Begonnen hat sie als Kursleiterin in der Burg und in einer Yogaschule in der Saarlandstraße. Nachdem sich die Gegebenheiten für die Burg dramatisch änderten, begann die Suche nach eigenen Räumlichkeiten. Diese sollten in jedem Fall in Barmbek sein. Unter anderem, um den vielen anderen Swing Tanzschulen in Hamburgs Westen einen zentraleren Standort in Hamburg entgegen zusetzen. In der Tanzschule finden Leute ihren Platz die viel Wert auf kreative Arbeit legen und künstlerisch aktiv sind. Hier finden sie den Raum und die Freiheit sich auszuprobieren.
Im Viertel ist Ruby Do fest mit anderen Ladenbesitzern durch Koopertationen verbunden. Ob mit einem Beauty & Stile Workshop beim Frisör nebenan, um Wasserwellen auszuprobieren oder mit der Falafel Factory dem orientalischen Swing nachzuspüren, Ruby Do und ihre Mittänzer stehen solchen Aktionen aufgeschlossen gegenüber. Seit der Zeit des Corona Lockdowns entstehen in Zusammenarbeit mit dem Kulturpunkt im Basch und dem Middenmang Magazin kleine Tanz Videos für Zuhause bei dem die Freunde des Swing´ (erste) Schritte und Kombinationen erlernen.
Zukünftig besteht der Wunsch die Tanzschule weiter auszubauen und das Team zu erweitern, um weitere Tanzstile anzubieten. Alles unter dem Gesichtspunkt einer qualitativ anspruchsvollen und pädagogischen Vermittlungsarbeit.
Die Middenmang Redaktion besuchte Ruby Do mit den tanzenden Füßen in der Tanzschule und sprach mit ihr über die Hintergründe ihrer (Tanz) Arbeit.
Middenmang: Wie bist du zu dem Namen Ruby Doo gekommen und wie läuft es mit der Tanzschule?
Ruby Do: Künstlername Ruby Doo, Tanzlehrerin, eigentlich heiße ich Ruby D. Assmann. Ich betreibe hier meine kleine Tanzschule Swing Time. Wir sind hier jetzt seit knapp über zwei Jahren. Die zweite Jahrfeier fiel in den Shutdown dieses Jahr. Wir haben aber trotzdem viele Aktionen gehabt, haben kleine Videos von Zuhause gedreht und auch viel, viel Homeschooling und Homedancing gemacht. Eigentlich jeden Tag. So haben wir das eigentlich ganz gut überstanden.
In unserer Schule gibt es verschiedene Tanzstile, Authentic Jazz, das ist der Solotanz der von den 20er bis 40er Jahren entstand. Dann Burlesque, das entstand auch in den 20er Jahren geht hier aber auch in eine sehr moderne Richtung.
MM: Das ist ja auch ganz hipp, das Burlesque?
RD: Ja, aber ich mag gerne den alten Stil. Natürlich sind auch die neuen Stile willkommen. Ich mag dieses Spielerische ganz gerne. Aber ich mache das nicht selber, ich gucke nur zu.
MM: Es gibt also Tanztrainer?
RD: Ja, wir haben weitere Tanzpädagogen, die sind alle in die eine oder andere Richtung ausgebildet und da schauen wir das wir da qualitativ einen guten Platz haben.
Das läuft gut!
MM: Du hattest Authentic Jazz und Burlesque genannt. Was kommt noch dazu? Swing wahrscheinlich und Charleston?
RD: Ja, Lindy Hop, Charleston, Shag das sind alles die Paartänze
MM: Kommen die Tänze aus Amerika?
RD: Ja, das kommt alles aus Amerika. Die sind afroamerikanisch, die Tänze. Wir haben einmal die Woche ein klassisches Körpertraining für die Tanzgäste bei dem wir eher in die Ballettrichtung gehen, um dem Körper wirklich etwas Gutes zu tun. Weil wir in unserem Authentic Stile immer sehr zum Boden geneigt sind. Viele dieser Tänze werden eher an der Oberfläche unterrichtet. D.h. es geht darum Figuren zu lernen und Freude zu haben, aber es geht oft nicht so sehr da hinein wie ich mich bewege, so dass es meinem Körper gut tut. Wie bleibe ich lange gesund während ich Charleston tanze und meine Knie twiste? Deshalb haben wir auch Ballett mit im Angebot, weil es die Körperwahrnehmung schult.
Freitags haben wir immer unsere Tanzcompany, die Ruby Doo Crew, mit der wir Aufführungen planen, kleiner und kreativ an den Tanz heran gehen, d.h. eher künstlerisch als sportlich. Zurzeit planen wir ein großes Tanztheater aufzuführen. Das wäre eigentlich schon im Mai gewesen. Jetzt fangen wir gerade wieder neu an, dies auf die Beine zu stellen und wieder aufzuarbeiten und machen es so, dass wir keinen Paartanz drin haben in diesem (eigentlichen) Paartanzstück. Das bringen wir im September 2020 auf die Bühne.
MM: Auf welche Bühne denn?
RD: Wir sind im Hamburger Sprechwerk und werden einen Film daraus produzieren. D.h. falls es wieder einen Shutdown gibt oder so etwas Ähnliches oder man nicht mehr in die Theater darf, haben wir zumindest ein Video davon.
MM: Macht ihr die Videoproduktionen selber?
RD: Ich habe schon mit vielen Leuten zusammen gearbeitet, habe selber schon viele eigene Videoprojekte durchgeführt und organisiert und da suche ich mir wieder meine Leute zusammen. Alle die ich gerne habe und die wissen, wie man Tanz filmt.
MM: Was begeistert dich an dem Tanz und vor allem an der Zeit die 1920er Jahre?
RD: An den Tänzen mag ich das dass kein Tanz ist, den man nur stur zum Spiegel tanzt. Jetzt gerade bei den Paartänzen. Das man ihn miteinander tanzt und das eine eigene Sprache ist. Man lernt viele, viele Menschen kennen. Man kann in jede Stadt reisen in jedes Land und hat gleich Anhaltspunkte. Wird gleich andere Menschen und andere Kulturen kennenlernen und das ist sehr, sehr interessant.
An den 1920er Jahren oder an dieser alten Zeit gefällt mit die Mode ganz gut und ich mag mittlerweile auch die Musik sehr gerne. Als Kind mochte ich Swing überhaupt nicht, das wir mir zu durcheinander. Ich habe das erst während der Tanzausbildung, während des Charleston Lernens gelernt es zu genießen. Ich fand den Tanz so schön, so dass ich mich auch an die Musik gewöhnt habe.
MM: Ach so, so herum. Das ist lustig, erst der Tanz, dann die Musik.
RD: (lacht) Ja, genau. Ansonsten bin ich keine die die ganze Zeit in der Vintage Mode rumläuft. Ich nehme das als Anreiz mich auch mal nett zu kleiden, aber ich kombiniere sehr gerne. Ich bin da nicht ganz stur auf die Vergangenheit gerichtet, weil ich finde, dass die Tänze nicht in die Vergangenheit gerichtet werden sollten. Wie zum Beispiel beim Tanzprojekt, bei dem wir den Tanz nicht mehr als den aus den 20er oder 30er Jahre betrachten, sondern ihn mit der modernen choreografischen Arbeit verbinden, was man noch nicht gemacht hat beim Lindy Hop.
Ich finde aber man sollte das in die Zukunft tragen und sehen wie die Tanzgeschichte weitergeht. Wie sich der Modern Dance jetzt in den letzten 100 Jahren entwickelt hat, so muss sich der Lindy Hop und der Authentic Jazz weiterentwickeln, sonst vergisst man sie. So wie es jetzt auch Elektro Swing gibt. Diese Tanzrichtung wird von einigen missbilligend betrachtet, die sagen es muss so sein wie vor 100 Jahren. Das finde ich, ist aber die falsche Einstellung, weil alles ist im Wandel. Das ist wichtig, denn sonst überleben diese Sachen nicht.
MM: Meine Frage wäre jetzt von der anderen Seite aus betrachtet, was du von den Tänzen und der Zeit in der sie entstanden, in die Zukunft mitnehmen kannst?
RD: Was ich ganz interessant finde ist, wie sich die Leute damals durch den Tanz selber geholfen haben. Wie sie selber durch Krisen gegangen sind. Egal welche Personen man jetzt im Kopf hat, ob es die Afroamerikanische Bevölkerung ist, ob es dann im Endeffekt auch die Jugend in Deutschland ist, während des zweiten Weltkrieges, sie haben sich durch den Tanz und die Swing Kultur versucht zu behaupten, glücklich zu werden und frei zu werden. All diese Dinge. Aber sie haben diesen Tanz nur indirekt genutzt. Das ist kein Revolutionstanz, aber sie wurden zu Revolutionären, weil sie diesen Tanz getanzt haben. Was ich jetzt so aufbauend finde, ist dass wir jetzt die 2020er Jahre haben, wobei man jetzt nicht davon ausgehen kann, dass der Charleston 1920 erfunden wurde. Aber was man jetzt so sieht, es ist 100 Jahre her, der Tanz ist 100 Jahre alt und wir haben schon wieder eine riesen Krise. Das ist motivierend, tatsächlich zu sehen, der Tanz hat schon einmal eine Krise überstanden und die Menschen die diesen Tanz getanzt haben auch diese Krisen überstanden: die Kriege, die Wirtschaftssituation, die rassistischen Hintergründe. Das ist sehr spannend, dass uns dieser Tanz jetzt auch durch diese Krise führt. Man merkt diess an unseren Tanzgästen die hier sind, die über die ganzen Monate geblieben sind, dass es einen hält. Wie ein Knoten. Die Schule, die Leute die man hier treffen kann, die Tänze, die Bewegungen, die Musik hält die Leute wie ein Knoten. Das ist sehr, sehr schön.