Ungleiche Bezahlung, Altersarmut, Mental Load und fehlende Kita-Plätze: Viel wird diskutiert über die Rolle von Frauen und Müttern in der Wirtschaft. In unserer neuen Serie “Zwischen Care- und Lohnarbeit” lassen wir berufstätige Mütter zu Wort kommen. Anhand von sechs Fragen erzählen sie von ihrem Wiedereinstieg in den Job, dem Alltag zwischen Care- und Lohnarbeit und wie sie mit Herausforderungen umgehen.
Ich bin 41 Jahre alt, verheiratet und habe drei Kinder im Alter von 4, 6 und 15 Jahren. Die Älteste geht in die 9. Klasse und die beiden Kleinen gemeinsam in den Kindergarten. Ich bin Sozialwissenschaftlerin und arbeite als wissenschaftliche Mitarbeiterin an einer Hochschule – leider immer mit befristeten Projektstellen und an unterschiedlichen Hochschulen/Unis. Derzeit arbeite ich in Teilzeit und habe eine 50% Stelle (19,5 Std).
Einen richtigen Wiedereinstieg hatte ich erst bei den beiden kleinen Kindern. Damals bei meiner großen Tochter war ich noch im Studium, alleinerziehend und hatte das große Glück, mit einem Stipendium mein Studium (Promotion) finanzieren zu können. Ich hatte also keine Vorgesetzten, sondern “nur” meine Dissertation. Zeitlich war ich dadurch flexibel. Aber natürlich hatte ich auch permanent den Druck, eigentlich an meiner Doktorarbeit sitzen zu müssen.
Nach dem Stipendium habe ich meine erste Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni bekommen. Ich war mittlerweile in einer Partnerschaft, habe geheiratet und meine zweite Tochter bekommen. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin arbeitet man ja meistens projekt-basiert. So war es auch bei mir und ich wollte das Projekt gern – trotz Baby – zu Ende bringen. Auch mit der Option ein neues Anschlussprojekt beantragen und damit meine weitere Arbeit sichern zu können. Ich habe also bereits drei Monate nach der Geburt wieder in geringem Umfang angefangen zu arbeiten. Mein Mann ist mit der kleinen Tochter mit zur Uni gekommen, oder ich konnte aus dem Homeoffice arbeiten. Dieser frühe Wiedereinstieg hat sich einerseits gelohnt, weil ich so tatsächlich auch in dem Anschlussprojekt weiterbeschäftigt werden konnte. Mir selbst war es aber eigentlich zu viel, auch weil ich schon kurz nach der Geburt wieder die Gedanken hatte, bald wieder arbeiten zu müssen. Als die mittlere Tochter 21 Monate alt war, kam dann unser Sohn zur Welt und für mich war sofort klar, dass ich ein Jahr in Elternzeit gehen werde. Ich war dann also das ganze Jahr mit den beiden Kleinen zu Hause.
Der Wiedereinstieg danach war ja zur Corona-Zeit, ich habe also hauptsächlich im Homeoffice gearbeitet und mein Mann und ich haben uns die Betreuung geteilt.
Ich habe und hatte immer Vorgesetzte mit viel Verständnis für Familien und konnte meine Arbeitszeiten usw. immer sehr flexibel gestalten, die meisten meiner Kolleg*innen hatten/haben zudem ebenfalls Kinder, so dass es auf allen Seiten viel Verständnis gab und gibt.
Ich arbeite jetzt wieder als wissenschaftliche Mitarbeiterin an einer Hochschule. Mein Arbeitsalltag ist vergleichbar mit der ersten Arbeitsstelle. Erstmal das Wichtigste: Ich arbeite nur Teilzeit und auch nur in eher geringem Stellenumfang zwischen 20 und 25 Std/Woche. Es gibt feste Zeiten, an denen ich im Büro bin. Die anderen 1-2 Tage arbeite ich aus dem Homeoffice.
Mein Mann ist selbstständig und ihm ist es wichtig, auch selbst den Alltag mit den Kindern zu haben. Daher haben wir die Regelung, dass er die Kinderbetreuung an zwei Nachmittagen die Woche übernimmt. Ich übernehme die anderen beiden Tage. Darüber hinaus sind wir beide relativ flexibel und können unsere Arbeitszeiten auch mal verschieben, am Abend oder Wochenende vor- oder nacharbeiten.
Ich hole die Kinder in der Regel an zwei Tagen die Woche ab. Einen Tag, an dem ich auch frei habe, bleiben die Kleinen ohnehin zu Hause. Meistens sind wir einfach zu Hause oder im näheren Umfeld. Erledigungen und Haushalt laufen eher so “nebenbei”, ohne dass es dafür eine klare Struktur und Plan gibt. Mal macht mein Mann mehr, mal ich. Das hängt auch davon ab, wer gerade mehr zu tun hat.
An den Tagen, die offiziell meine “Büro-Tage” sind, bleibt meistens mein Mann mit den Kindern zu Hause. Allerdings stehen auch bei ihm manchmal genau dann wichtige Termine an, so dass wir da auch tauschen, von zu Hause arbeiten, während die Kinder sich hoffentlich einigermaßen beschäftigen können usw. Im Homeoffice zu bleiben ist bei mir meist kein Problem. Auch die Absprachen mit Kolleginnen ist unproblematisch. Vieles können aber die Kolleginnen nicht übernehmen, es bleibt dann einfach liegen und der Berg an Aufgaben wächst. Für mich sind diese Phasen meistens insofern stressig, dass eigentlich schon klar ist, wenn eines der beiden kleinen Kinder krank ist, wird es das nächste auf jeden Fall auch werden. Die Zeit zieht sich also hin.
Wenn ich richtig krank bin, übernimmt mein Mann alles. Als ich alleinerziehend war, kam in solchen Fällen meine Mutter als Unterstützung. Ich bin aber oft nicht so “richtig” krank, sondern es ziehen sich Erkältungen, Kopfschmerzen usw. einfach hin, so dass ich dann oft trotzdem arbeite und auch für die Kinder da sein kann. Und man darf nicht vergessen, dass ich zwar drei Kinder habe, eines aber schon ein Teenager ist, die auch mal für eine Zeit mit den Kleinen sein kann und das auch gern tut.
Für mich ist die größte Herausforderung, dass ich oft denke zu wenig Zeit für die Arbeit und zu wenig Zeit für die Kinder zu haben. Die kleinen Kinder gehen einfach nicht so gern in den Kindergarten – obwohl dieser toll ist. Wir haben unseren Alltag so eingerichet, dass wir die Kinder früh abholen. Sowohl mein Mann als auch ich haben Zeit und Alltag mit den Kleinen und die Kinder haben in den Ferien einfach Ferien. Es bedarf aber alles immer viel Planung und Absprachen. Ich wünschte mir da oft einfach mehr Puffer und auch mehr gemeinsame Familienzeit. Die haben wir aktuell nämlich nur wenig. Ich muss aber auch einfach sagen, dass ich mit meiner Arbeit immer sehr viel Glück hatte und mir vieles flexibel einteilen konnte und kann.
Wenn du die Möglichkeit hast, nimm ein ganzes Jahr Elternzeit. Das einzige was ich ein wenig bereue ist, dass ich bei meiner zweiten Tochter so früh wieder angefangen habe zu arbeiten. Ich habe erst bei dem nächsten Kind rückblickend bemerkt, wie sehr mich dieses Wissen um den frühen Wiedereinstieg eigentlich schon fast ab der Geburt unter Druck gesetzt hat. Und wenn du krank bist, hab kein schlechtes Gewissen (das gilt natürlich genauso, wenn dein Kind krank ist).
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